Insolvenzstrafrecht

Die Anzahl der Firmeninsolvenzen in Deutschland ist seit 2008 kontinuierlich rückläufig. Waren im Jahr 2008 noch 33.762 Firmeninsolvenzen zu verzeichnen, weist die Statistik für das Jahr 2017 nur noch 20.276 Insolvenzanträge über das Vermögen nicht natürlicher Personen aus (Quelle: Statista GmbH).

Dies lässt vermuten, dass auch die Anzahl der verfolgten und tatsächlich angeklagten Insolvenzdelikte gleichermaßen abnimmt. Das Gegenteil ist aber der Fall. In der strafrechtlichen Praxis lässt sich vielmehr der Trend erkennen, dass Insolvenzdelikte zunehmend in den Fokus der Strafverfolgungsbehörden geraten.

Dies führt zu einem gesteigerten Bedarf an Strafverteidigern, die fundierte Kenntnisse nicht nur im Strafprozessrecht, sondern auch und insbesondere im materiellen Insolvenzrecht aufweisen. Nur ein Verteidiger, der die besonderen Schnittstellen zwischen dem Straf- und dem Insolvenzrecht beherrscht, kann Beschuldigte in diesen besonders gelagerten Strafverfahren bestmöglich verteidigen.

Dies liegt namentlich daran, dass die einschlägigen Straftatbestände zivilrechtliche Tatbestandsvoraussetzungen aufweisen, etwa das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO).

Aus diesem Grund hat der Bundesgerichtshof beispielsweise für den Straftatbestand der Insolvenzverschleppung ausgesprochen, dass die Strafnorm zivilrechtsakzessorisch auszulegen ist (BGH, Urt. v. 23.05.2007 – 1 StR 88/07, wistra 2007, 413). Der Schutzzweck des klassischen Insolvenzstrafrechts und der strafbewehrten Insolvenzverschleppung besteht in der Sicherung der Insolvenzmasse im Interesse der Gläubigergemeinschaft (BGH, Urt. v. 22.02.2001 – 4 Str 421/00, NJW 2001, 1874).

Dieser Schutzzweck des Insolvenzstrafrechts korrespondiert mit dem Schutzweck der Insolvenzordnung (InsO) an einer geordneten und gleichmäßigen Befriedigung der Gläubigeransprüche.

Grundsätzlich lassen sich Insolvenzstraftaten im engeren Sinne und Insolvenzstraftaten im weiteren Sinne unterscheiden:

Zu den Insolvenzstraftaten i.e.S. zählen zunächst die im vierundzwanzigsten Abschnitt des besonderen Teils des StGB (§§ 283 – 283d StGB) normierten „Insolvenzstraftaten“, also der Bankrott (§ 283 StGB), die Verletzung der Buchführungspflicht (§ 283b StGB), die Gläubigerbegünstigung (§ 283c StGB) und die Schuldnerbegünstigung (§ 283d StGB).

Daneben gehört auch die in der Insolvenzordnung geregelte Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4 und 5 InsO) zu den Insolvenzstraftaten i.e.S.
Insolvenzstraftaten i.w.S. stellen alle allgemeinen Straftatbestände dar, die im Zusammenhang mit einer bevorstehenden oder eingetretenen Insolvenz zum Nachteil von Gläubigern, Staat oder Dritten begangen werden.

Besondere Relevanz haben der Betrug (§ 263 StGB), der Kreditbetrug (§ 265b StGB), die Untreue (§ 266 StGB) und das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) sowie – außerhalb des StGB – die Steuerhinterziehung (§ 370 AO).


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